Nach Ermittlungen gegen Journalisten: „Wie steht Innenminister Beuth zur Pressefreiheit?“

Der Video-Journalist Joachim Schaefer ist mit seinem Projekt „hessencam“ in Mittelhessen als ein aufmerksamer Beobachter der rechten Szene bekannt. Bundesweite Aufmerksamkeit erregten zuletzt gleich zwei seiner Mitschnitte in den vergangenen Wochen – einer davon hat nun ein rechtliches Nachspiel. Der Deutsche Journalisten-Verband spricht in diesem Zusammenhang von einem „nicht hinnehmbaren Angriff auf die Pressefreiheit“ (https://www.djv.de/startseite/service/blogs-und-intranet/djv-blog/detail/news-zu-handlangern-gemacht). Der heimische Bundestagsabgeordnete Felix Döring übt in diesem Zusammenhang scharfe Kritik am hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) und fordert Aufklärung.

Ermittlungen gegen Journalisten Schaefer nach Videoaufnahmen in Rabenau-Geilshausen

Ende August fand in Rabenau-Geilshausen der Wahlkampfauftakt der hessischen AfD zur Landtagswahl statt. Größere Schlagzeilen produzierten allerdings nicht die Vorgänge im Saal – sondern was sich vor der Halle abspielte. Dort bezeichnete ein Teilnehmer der Veranstaltung den heimischen SPD-Bundestagsabgeordneten Felix Döring als „Dr. Mengele“ und setzte ihn damit mit einem NS-Massenmörder gleich. Ein anderer Teilnehmer bezeichnete sich auf dem Weg in den Saal selbst als „Nationalsozialist“ und wurde danach von einem Kollegen mit Händedruck begrüßt. Schaefer, der die Veranstaltung vor Ort dokumentierte, hielt beide Äußerungen mit seiner Kamera fest. Nachdem Döring aufgrund der dokumentierten Äußerungen Anzeige gegen unbekannt erstattet hatte, laufen aktuell Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung und des Anfangsverdachts der Volksverhetzung.

Wie nun bekannt geworden ist, ermittelt das Polizeipräsidium Mittelhessen allerdings parallel auch gegen Schaefer selbst – wegen vermeintlichen Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz, da der Verdacht bestehe, dass er die Personen ohne ihre Zustimmung gefilmt habe. In diesem Zusammenhang habe die Polizei bei der AfD um die Zusendung möglicher Zeugen gebeten, wie tagesschau.de berichtete (https://www.tagesschau.de/investigativ/afd-journalistenverband-djv-hessencam-polizei-100.html).

„Dieser Vorgang ist an Zynismus kaum zu überbieten“, kritisiert Döring. „Schaefer hat offensichtlich und erkennbar gefilmt, er ist in der Region für seine Arbeit bekannt und gibt sich bei seiner Arbeit als Video-Journalist zu erkennen. Seine Dokumentationen sind ein unschätzbar wichtiger Beitrag für unsere wehrhafte Demokratie, da sie aufzeigen, welches Gedankengut unter anderem AfD-Sympathisanten vertreten“, so Döring weiter. Dass die Polizei nun sogar bei der AfD Zeugen gegen Schaefer suche und selbst Ermittlungen aufgenommen habe, obwohl es sich um ein Antragsdelikt handelt, sei eine bedenkliche Entwicklung: „In Hessen kann es offensichtlich keine Ermittlungen wegen rechter Vorfälle geben, ohne, dass auch noch Akteure aus der Zivilgesellschaft ins Visier genommen werden. Damit drückt man doch am Ende aus: Wer rechte Umtriebe offenlegt, macht sich selbst verdächtig“.

Brisanz gewinnt das Thema auch durch die weiteren zeitlichen Abläufe: Wenige Tage nach der AfD-Veranstaltung in Geilshausen landete Schaefer in Wetzlar seinen nächsten Coup. Er deckte auf, dass bei einer Veranstaltung in der Wetzlarer Stadthalle prominente CDU-Mitglieder, wie der ehemalige Wetzlarer Bundes- und Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer und der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, gemeinsame Sache mit AfD-Mitgliedern machten. Für Irritation sorgte nicht nur diese offensichtliche Lücke in der von Friedrich Merz beschworenen Brandmauer, sondern auch ein Videoausschnitt, in dem Irmer Schaefer als „rotlackierten Faschisten“ bezeichnet und es scheint, als würde Irmer die Kamera aus der Hand Schaefers schlagen. Irmer ruft Schaefer außerdem zu, dass „wegen der Geschichte in Gießen“ ja bereits eine Anzeige gegen ihn laufen würde.

Schaefer gibt an, dass er zu diesem Zeitpunkt nichts von einer Anzeige gegen ihn wusste. Für Döring wirft das kritische Fragen zur möglichen Informationsweitergabe durch hessische Sicherheitsbehörden auf. „Dass CDU-Politiker wie Irmer solche brisanten Informationen erhalten, noch bevor Betroffene selbst über solche Vorgänge informiert werden, hinterlässt bei mir ein mulmiges Gefühl. Für mich stellt sich die Frage, wie Irmer an diese sensible Information gelangt ist“, so Döring weiter.

„Der hessische Innenminister Peter Beuth ist in der Verantwortung, sowohl diesen Vorgang aufzuklären als auch zu erklären, wie er zur Pressefreiheit steht und welche Position er zu den Ermittlungen gegen Schaefer einnimmt“, fordert Döring abschließend.

Mehr über den Vorfall in Geilshausen: Nach NS-Vergleich: Döring erstattet Anzeige – Felix Döring (felix-doering.de)

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