Mit der Verfassung gegen die AfD

Hunderttausende demonstrieren in diesen Tagen bundesweit gegen die AfD. Für den 20.01. ist eine Demonstration eines breiten Bündnisses in Gießen geplant. Der heimische Bundestagsabgeordnete Felix Döring (SPD) ruft zur Teilnahme auf und ordnet die aktuellen Debatten zum Umgang mit der AfD ein.

Jeden Tag erreichen Felix Döring zahlreiche Nachrichten – ob per E-Mail, WhatsApp oder Anruf. Bürger, die sich um die Demokratie sorgen, Angst vor der AfD haben und die fragen, wie damit umgegangen werden kann. „Das ist erstmal ein gutes Zeichen“, findet Döring. „Es lässt die Menschen in diesem Land auch 2024 nicht kalt, welches Gedankengut in der AfD vertreten wird und es ist ein wichtiges Signal, dass es am kommenden Samstag ab 15 Uhr auf dem Berliner Platz auch eine Demonstration in Gießen geben wird“, so Döring weiter.

Auslöser der Demonstrationen war ein Skandal, den das Recherchezentrum correctiv.org aufgedeckt hatte. Führende AfD-Mitglieder und einzelne Personen mit CDU-Parteibuch hatten sich Ende 2023 mit einflussreichen Rechtsextremen getroffen und offenbar konkrete Pläne zur Deportation von Millionen Personen mit Migrationsgeschichte geschmiedet. „Ich bin schockiert von den bekanntgewordenen Plänen – aber leider nicht überrascht. Dass die AfD zentrale Werte des Grundgesetzes in Frage stellt, ist ja erstmal keine neue Nachricht. Ich erinnere mich sehr gut an Äußerungen von führenden Mitgliedern, dass man an der deutschen Grenze auf Frauen und Kinder schießen oder Menschen ,entsorgen‘ lassen wolle. Der jüngste Skandal reiht sich da nahtlos ein“, findet Döring. Dass sich im Nachgang einzelne Personen von ihren Umfeldern distanzierten oder es vereinzelt personelle Konsequenzen gebe, sei „rein taktisch motiviert, jedoch weder glaubhaft noch überzeugend. Meist ist das nur der späte Versuch einer Ehrenrettung, an der inhaltlichen Ausrichtung und hat sich aber nichts geändert“, ergänzt der Bundestagsabgeordnete.

Zwar sei die AfD eine demokratisch gewählte Partei. Döring stellt klar: „Das heißt aber nicht, dass sie eine demokratische Partei ist. Ich halte sie im Kern für rassistisch, frauenfeindlich, antisemitisch und eine Gefahr für unsere Demokratie“. Es komme jetzt darauf an, dass sich die Breite der Bevölkerung dagegenstellt: „Die AfD will unsere Nachbarn, Arbeitskollegen und Freunde verfolgen und deportieren. Ich kann mir nicht vorstellen, in wie viel Angst und Sorge Menschen mit Migrationsgeschichte in diesem Land gerade leben müssen. Wir werden uns vor sie stellen, müssen zeigen, dass zwischen uns kein Blatt passt und egal ob am Arbeitsplatz, am Familientisch oder auf Demonstrationen unsere Stimme gegen die Nazis erheben“, fordert der Gießener. Er selbst war seit 2015 an verschiedenen regionalen Demonstrationen gegen die AfD beteiligt. Zuletzt strengte er ein (noch laufendes) Verfahren an, nachdem er am Rande einer AfD-Veranstaltung mit dem NS-Kriegsverbrecher Josef Mengele gleichgesetzt wurde.

Forderungen nach einem Verbot der AfD könne Döring persönlich nachvollziehen. „Wir müssen die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigen. Eine der Lehren aus der Nazi-Zeit ist, dass es eine Möglichkeit geben muss, verfassungswidrige Parteien zu verbieten“, stellt Döring klar. Die Verfassung sehe dafür allerdings auch hohe Hürden vor. Der Bundestagsabgeordnete betont jedoch: „Bei einem solchen Verfahren geht es nicht darum, sich eines politischen Gegners zu entledigen. Es geht um die Prüfung der Verfassungswidrigkeit. Das Grundgesetz sieht diese Möglichkeit als schärfstes Schwert bewusst vor.“

Dennoch könne staatlicherseits schon jetzt mehr unternommen werden. „Wir müssen die Instrumente der wehrhaften Demokratie noch konsequenter zur Anwendung bringen. Also zum Beispiel alle Äußerungen, die die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreiten, zur Anzeige und Anklage bringen. Wir müssen Geldströme der extremen Rechten offen- und trockenlegen und dort, wo wir die entsprechenden Spielräume haben, sind die Sicherheitsbehörden am Zuge, weitere Anhaltspunkte für die juristische Bewertung der Verfassungswidrigkeit sammeln. Für mich ist aber auch klar: Brandmauern nach rechts müssen in Zukunft von allen demokratischen Parteien ohne jeden Zweifel stehen und dürfen nicht geopfert werden, um kurzfristig politisches Kapital zu schlagen. Denn langfristig verliert dabei die Demokratie, verlieren wir alle“, fasst Döring abschließend zusammen.

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